Informationen werden nicht weitergegeben, Quarantäne-Bescheide erst nach Tagen oder gar Wochen zugestellt, die Rückverfolgbarkeit von Kontakten funktioniert nicht! „Wir sind der Meinung, dass nach einem Jahr Corona so etwas nicht mehr passieren darf“, erklärt IT-Projektmanagerin Natali Schöpf auf Nachfrage des Erker.
Gemeinsam mit Laura Bock hat die Eppanerin die Initiative
„Lichtblick.Südtirol“ gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Entscheidungsträger über das, was derzeit in der Kommunikation zwischen Sanität, Ärzten, Bildungseinrichtungen und Covid-19-Betroffenen schief läuft, aufzuzeigen, und Vorschläge für ein schnelleres und lösungsorientertes Handeln zu unterbreiten. Letztendlich sollen die Bürger besser informiert und ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich und ihre Mitmenschen besser zu schützen.
„Das Ziel: ein schnelleres und lösungsorientiertes Handeln“
Der Auslöser für die Gründung dieses Projekts waren die Erfahrungen, die Schöpf und Bock mit dem Sanitätsbetrieb machen mussten. Wie Schöpf erklärt, mussten sie und ihre Familie am eigenen Leib erfahren, wie überfordert der Sanitätsbetrieb im Umgang mit der Corona-Pandemie teilweise ist. Im Herbst mittels Antigentest positiv auf Corona getestet, wartete sie beinahe 14 Tage auf eine Mitteilung oder einen Anruf seitens der Sanität. Sie hatte zwar umgehend ihren Hausarzt verständigt, welcher einen PCR-Test veranlasste, dieser wurde allerdings erst zehn Tage später durchgeführt. Während dieser Zeit blieben ihr Mann und ihr Sohn freiwillig zuhause, um zu vermeiden, womöglich jemanden anzustecken. Sie hätten sich in dieser Zeit zwar frei bewegen können - das System hätte dies zugelassen -, aus Verantwortungsbewusstsein hatten sie jedoch auf jegliche persönliche Kontakte verzichtet. Die Quarantäne startete für ihre Familienangehörigen dann offiziell mit ihrem positiven PCR-Testergebnis. Während dieser Zeit gab es keinerlei Informationen seitens des Sanitätsbetriebes. Erst als ihr Mann sich an Landesrat Thomas Widmann und Sanitätsdirektor Florian Zerzer wandte, wurden sie innerhalb eines Nachmittags plötzlich von vier verschiedenen Ärzten kontaktiert, wobei der eine nichts vom Telefonat des anderen wusste. „Die rechte Hand weiß oft nicht, was die linke tut“, so das Fazit von Schöpf. Nach 21 Tagen durfte sie die Quarantäne verlassen, obwohl sie zu dieser Zeit noch als positiv galt, während für ihren Mann und ihren Sohn, die wie sie die gesamte Zeit in Isolation verbracht hatten (und bei sämtlichen PCR-Tests negativ getestet worden waren), die Quarantäne am Tag des Anrufs durch die Sanität, nach beinahe zwei Wochen, hätte starten sollen. Während dieser Zeit sei sie niemals zu möglichen Kontaktpersonen zwecks Nachverfolgung der Ansteckungskette befragt worden. „Das war mein erster Nicht-Kontakt“ mit der Sanität, erklärte Schöpf.
„Kein Nachfragen zu möglichen Kontaktpersonen“
Vor rund drei Wochen folgte dann das nächste Kapitel: Die Schulklasse, welche ihr Sohn besuchte, wurde unter Quarantäne gestellt. Von der Schule wurde per E-Mail mitgeteilt, dass ein Kind positiv getestet worden sei, woraufhin in der Whatsapp-Gruppe der Eltern ein Rätselraten losging, wer der Betroffene sei. Aus verständlichen Gründen hätten die Eltern gerne Bescheid darüber gewusst, ob es sich bei dem betroffenen Kind um einen Banknachbarn des eigenen Kindes handelt. Kurze Zeit später stellte sich auf Rückfrage beim Direktor heraus, dass es sich bei der infizierten Person nicht um ein Schulkind handelte, sondern um eine Lehrperson. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass eine koordinierte Testung durch die Sanität erfolgen sollte. Doch dann herrschte tagelanges Schweigen. Erst auf Nachfragen seitens der Elternvertreter erhielt man von der Schuldirektion die Information, dass die Eltern sich selbst um die Tests kümmern müssten. „Das man den Quarantäne-Bescheid in der Apotheke vorzeigen musste, um einen Gratis-Test in Anspruch nehmen zu können, wurde uns weder von der Schuldirektion noch von der Sanität mitgeteilt“, so Schöpf, die erklärte, dass auch der Sohn ihrer Mitgründerin Laura Bock ungefähr zur selben Zeit unter Quarantäne gestellt worden sei und zwei Wochen lang überhaupt keinerlei Informationen über die weitere Vorgehensweise mitgeteilt worden seien.
„Es fehlen die Informationen!“
Informationen sammeln, auswerten, Lehren daraus ziehen
Frustriert über das chaotische Handling der Corona-Pandemie möchten die Gründerinnen von „Lichtblick. Südtirol“ nun zur Selbsthilfe schreiten. Was vor allem fehle, seien Informationen. So wüssten viele nicht, dass die Mitteilung der Schule bereits als Quarantäne-Bescheid eingestuft werden sollte. Viele Eltern würden auf die offizielle Mitteilung seitens des Sanitätsbetriebes warten - die allerdings häufig tagelang auf sich warten lässt. Während dieser Zeit seien die Eltern auf sich alleine gestellt und verlassen vielfach mit den Kindern, die eigentlich zu Hause bleiben müssten, die eigene Wohnung. Dass das nicht gerade von Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesellschaft zeugt, ist ein anderes Kapitel.
Durch verbesserte Abläufe bzw. beschleunigte Informationsweitergabe könnte man jedoch einer weiteren Ausbreitung der Infektionen einen Riegel vorschieben, ist Schöpf überzeugt. „Diese Wissenslücken muss man schließen und wir sind der Meinung, dass das nicht mehr passieren darf“. Dabei gehe es nicht darum, Schuldige auszumachen und an den Pranger zu stellen oder die Entscheidungen der Politiker infrage zu stellen, sondern Vorschläge zu erarbeiten, wie man das Handling verbessern könne.
„Es wurde verabsäumt, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen!“
Man wusste bereits im Sommer, dass ein zweite Welle im Anrollen sei und man habe es verabsäumt, die Digitalisierung voranzutreiben und Verbesserungen im Informations-Management umzusetzen, ist die Gründerin der Initiative überzeugt. „Die Informationslücken sind ein großer Knackpunkt“, so Schöpf. Deshalb liegt ein Ziel dieser Initiative darin, den Bürgern die
wichtigsten Informationen verständlich in Diagrammen, die auf Basis der ärztlichen Richtlinien aufbereitet wurden, und FAQ‘s zur Verfügung zu stellen. Zudem sind auf der Webseite auch sämtliche weiterführenden Links zu den Landesstellen und den Stellen des Sanitätsbetriebes aufgelistet.
Ein weiteres Ziel besteht darin,
Erfahrungsberichte von Betroffenen zu sammeln und anhand derer Schwachstellen in der Sammlung der Daten und im Kommunikationsablauf zu finden. Denn offenbar verfügt der Sanitätsbetrieb über kein Informationssystem, auf welches das Personal, das mit den Corona-Fällen betraut ist, vollständig zugreifen könne. Beispielsweise habe man Kenntnis vom Fall einer Schülerin, die genau wie sie selbst im Herbst positiv auf Corona getestet, aber vor Kurzem neuerlich unter Quarantäne gestellt wurde. Offenbar könne es vorkommen, dass Antigen-Schnelltests in einer Patientenakte nicht aufscheinen, andererseits wiederum bei einer bereits überstandenen Krankheit, dies für manche Mitarbeiter des Sanitätsbetriebes nicht einsehbar ist, so die Initiatorin von „Lichtblick. Südtirol“, die der Meinung ist, dass solche Fehler behoben werden müssen.
Auch fehle eine Dokumentation zu den Patientenkontakten. „Jeder Mitarbeiter eines Call-Centers muss dokumentieren, mit wem er Kontakt hatte, das müsste auch für den Sanitätsbetrieb möglich sein“, betont Schöpf. Es könne nicht sein, dass verschiedenen Sanitätsbedienstete die Betroffenen kontaktieren, niemand vom Telefonat des anderen weiß und im schlimmsten Falle sogar widersprüchliche Informationen weitergegeben werden.
„Ein Netzwerk ist geplant“
„Wir möchten dieses Projekt der Öffentlichkeit bekannt machen bzw. auch die Landesverwaltung, den Sanitätsbetrieb und die Bildungseinrichtungen miteinbeziehen“, erklärt Schöpf zu den weiteren geplanten Schritten. Weiters soll ein Netzwerk aufgebaut werden, um gemeinsam Probleme zu besprechen und Lösungen zu erarbeiten sowie die Kommunikation zwischen Sanität, Hausärzten und Bildungseinrichtungen zu verbessern.
Astrid Tötsch