Verschiedene Verbände und Vereinigungen trafen sich heute (23. März) Vormittag zu einer Kundgebung auf dem Bozner Walther-Platz. Die Allianz bestehend aus Alpenverein Südtirol, Dachverband für Natur- und Umweltschutz Südtirol, Fridays for Future, Gemeinwohlökonomie-Bewegung, Heimatpflegeverband Südtirol, Initiative für mehr direkte Demokratie, Initiativgruppe Zukunftspakt, Kampagne MahlZeit, Klima Club Südtirol, Vereinigung Südtiroler Biologen und Umweltschutzgruppe Vinschgau forderte eine transparente öffentliche Diskussion und eine Teilhabe am Entscheidungsprozess über die Südtiroler Pläne zum Recovery Fund. Wie berichtet waren die 47 Südtiroler Projekte mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro kürzlich Thema einer Sondersitzung im Landtag, bei welcher die Oppositionsparteien nicht mit ihrer Kritik sparten.
Mit dem sogenannten Recovery Fund haben sich EU-Kommission, Europäisches Parlament und EU-Spitzen auf einen Aufbauplan geeinigt, „der den Weg aus der Krise hin zu einem modernen und nachhaltigeren Europa ebnen soll“. Dabei müssen die nationalen Pläne mindestens 37 Prozent des Budgets für Klima und Biodiversität vorsehen. Für den gesamten Prozess mahnt das Europäische Parlament eine demokratische Legitimation und Transparenz an. „Das wäre eine einmalige Chance für Europa und für Südtirol“, so die Allianz in ihrer Presseaussendung, in der die Landesregierung harsch dafür kritisiert wird, dass sie die Vorgaben der EU weitgehend ignoriert und sich hinter verschlossenen Türen für teilweise fragwürdige Projekte entschieden habe.
Gefordert wird, dass die Gelder des Recovery Fund in
„echten Klima- und Umweltschutz“ investiert werden sollen. Alle Projekte, welche im Rahmen des Recovery Fund umgesetzt werden, müssten einer Gemeinwohl-Verträglichkeitsprüfung unterzogen werden, durch welche die Auswirkungen auf das Klima, die Biodiversität, die Bodenfruchtbarkeit, aber auch auf das soziale Gefüge, die Transparenz und die Chancengleichheit gemessen und überprüft werden sollen.
Kritisiert wird auch die fehlende Transparenz und die mangelnde demokratische Vorgehensweise. Die Landesregierung habe bei der Handhabung und Planung der finanziellen Mittel des Recovery Fund gegen alle demokratischen Grundprinzipien verstoßen. Es habe weder eine transparente Ausarbeitung der lokalen Kriterien und Projekte gegeben, noch sei das höchste politische Organ des Landes, nämlich der Landtag, miteinbezogen worden. Zudem habe die Landesregierung nicht einmal den Versuch unternommen, wenigstens die repräsentativen Organisationen der Zivilgesellschaft in Sachen Nachhaltigkeit einzubeziehen.
„Die Corona-Pandemie zeigt uns täglich, was möglich ist, wenn der politische Willen da ist. Diesen politischen Willen fordert die Allianz nun ein, um die ökologische, wirtschaftliche und soziale Transformation der Gesellschaft möglich zu machen. Ein tiefgreifender Wandel hin zu einer nachhaltigen, krisenfesten und solidarischen Gesellschaft kann nur MIT den Bürgerinnen und Bürgern gestaltet werden. Der Recovery Fund ist der Anfang: Es darf keine wichtigen politischen Entscheidungen mehr geben, ohne jene einzubeziehen, auf deren Leben sich diese Entscheidungen auswirken“, so die Sprecher der Allianz aus Umwelt- und Kulturverbänden, die beklagen, dass die von der Landesregierung eingereichten Projekte kaum etwas mit grüner Transformation oder Nachhaltigkeit zu tun hätten. In den von der Landesregierung ausgewählten 47 Projekten steckten eine Reihe von blinden Passagieren, so die Kritik. In Zeiten des evidenten Klimawandels ließen sich die 21 Mio. Euro für Speicherbecken für die Beschneiung in den Südtiroler Skigebieten mit ihrem massiven Eingriff in den Naturhaushalt und in das Landschaftsbild nur schwerlich rechtfertigen. Vergeblich suche man in der Mission 2
„Grüne Revolution und ökologischer Wandel“ nach Projekten zur Förderung der Biodiversität, obwohl auch Südtirol einen großen Schwund an natürlicher Vielfalt aufweise.
Die Allianz beließ es aber nicht nur bei Kritik, sondern legte auch eine Vielzahl von Alternativvorschlägen vor, die bereits der Landesregierung übergeben wurden. So wurde beispielsweise eine Initiative zur Erhebung der Biodiversität vorgeschlagen, mit welcher flächendeckend der Lebensraum kartiert werden sollte. Weiters ein dauerhaftes Monitoring der geschützten Arten und der naturschutzrechtlich relevanten Lebensräume sowie die Stärkung des Schutzgebietmanagements in Südtirol. Ein weiterer für das Wipptal interessanter Vorschlag betrifft den Ausbau verschiedener Biodiversitätskompetenz-Zentren:
Das Ex-Militärareal in Stilfes wäre darin als Kompetenzzentrum für Vogelbeobachtung und Beringungsstation vorgesehen.