Caro Alberto,
am Morgen des 24. März erreichte uns die Nachricht von deinem Tod. Wir waren fassungslos. Sprachlos. Wollten, konnten es nicht wahrhaben. Sind tieftraurig. Noch Anfang März saßen wir alle beisammen, unbeschwert, hielten Redaktionssitzung, sprachen uns über die April-Ausgabe ab, waren allesamt guter Dinge. Die Gemeinderatswahl im Mai sollte einen Schwerpunkt bilden. Doch dann kam schnell alles ganz anders: Die hereinbrechende Pandemie legte das gesellschaftliche Leben lahm. Plötzlich war nichts mehr, wie es war.
Über 30 Jahre lang, Alberto, haben wir gemeinsam den Erker gestaltet, haben uns ausgetauscht, Ideen entwickelt, verworfen, standen in regem Gedankenaustausch. Dein geradezu enzyklopädisches Wissen, deine Weisheit, deine sprachliche Genauigkeit, sie haben uns beeindruckt, das ein wie andere Mal. Auf deine Überlegungen legten wir immer besonders großen Wert, deine Expertise war uns wichtig. Unvergessen sind deine Kommentare, oft gepaart mit augenzwinkernder Ironie, weitblickend und wohltuend differenzierend zugleich. Als Mitbegründer des Erker warst du von der Sache von Anfang an begeistert, als wir dich, als ich dich als dein ehemaliger Schüler im Jahr 1989 kontaktiert und gefragt habe, eine Bezirkszeitschrift, von Anfang an zweisprachig konzipiert, zu gründen.
Als profunder Kenner unseres Landes, deiner Heimat, hast du unseren Lesern in akribischer Kleinarbeit, Klarheit und umsichtig reflektierend in unzähligen Artikeln die Kultur, die Natur, die Schönheiten, die Geschichte und Kunstgeschichte, die Raritäten, die Eigenheiten des Wipptales näher gebracht und damit einen unschätzbaren kulturellen Beitrag geleistet. Deine Leser wussten das zu schätzen.
Bis zuletzt war dir der Erker eine Herzensangelegenheit. Noch in dieser Ausgabe schreibst du Bezug nehmend auf das Raffael-Jahr über ein Bildnis an einem Pfitscher Gehöft. Ja Alberto, es gab kaum etwas, das sich deinem aufmerksamen und geschulten Blick entzog.
Hochgebildet, belesen hast du lokale Ereignisse stets in globale Zusammenhänge einzubetten gewusst. Deine umfassende, zusammenschauende geisteswissenschaftliche Bildung, die Art, mit der du uns Dinge nahebringen konntest, sie war begeisternd.
Wir erfreuten uns an deiner feinsinnigen und ausgleichenden Art. Unvergessen bleiben unsere gemeinsamen Ausflüge, bei denen du uns neben deiner wohltuenden Geselligkeit kundiger Reisebegleiter und Reiseführer warst.
Unserem Online-Portal standest du von Beginn an eher skeptisch gegenüber. Hieltest nicht so viel von dieser Art der schnellen Kommunikation und all ihren damit verbundenen Tücken. Wolltest diesen Schritt nicht mehr mitgehen. Wir haben das verstanden. Mit dir, Alberto, verliert der Erker einen Gutteil seiner Seele.
Mit dir, Alberto, verabschiedet sich von Sterzing, vom Wipptal, von unserer Gemeinschaft ein großer, stets um Ausgleich bemühter Humanist. Ein Mensch, dem ethisches Handeln und soziale Gerechtigkeit Maxime waren. Ein Mensch, den wir niemals vergessen werden. Alberto, du fehlst – und wie! Aber du sollst wissen, wir werden in deinem Sinne weitermachen.
Im Namen des gesamten Erker-Teams: Danke für alles! Es war eine schöne Zeit.
Pfiati Alberto, ciao!
Ludwig Grasl
Der Lehrer, Publizist und Autor Alberto Perini wurde am 12. Juni 1938 in
Sterzing geboren. Nach dem Besuch der Oberschule studierte er in Padua
Literaturwissenschaften. Viele Jahre lang war er Italienischprofessor am
deutschsprachigen Wissenschaftlichen Lyzeum in Sterzing. Er war
Mitbegründer des Erker im Jahr 1989 und leitete 25 Jahre lang die
italienische Redaktion. 2014 übergab er die Leitung an Chiara
Martorelli, mit der er bis zuletzt federführend zusammenarbeitete.
2008 erschien sein Buch „Vipiteno. Una storia – un ritratto“ mit vielen
bisher unbekannten Details zur Sterzinger Stadtgeschichte, das zwei
Jahre später auch ins Deutsche übersetzt wurde. Als Autor und Co-Autor
wirkte er überdies an vielen weiteren Publikationen mit und war als
Übersetzer kulturgeschichtlicher Bücher und Texte sehr gefragt. Viele
wertvolle Beiträge leistete er als Gründungsmitglied des Sterzinger
Geschichts- und Museumsvereins.
Alberto Perini ist seit 1966 mit Rosmarie Fallmerayer verheiratet und
Vater zweier erwachsener Kinder. Am 23. März 2020 ist er 81-jährig nach
kurzer schwerer Krankheit verstorben. |