Wirtschaft
Rechnungshof: Schlechtes Zeugnis für BBT-Projekt
17.06.2020
Sowohl der Österreichische als auch der EU-Rechnungshof bezweifeln, dass der Brennerbasistunnel 2028 fertiggestellt werden kann.
Der Brennerbasistunnel wird wohl erst Anfang 2030 den Betrieb aufnehmen. Zu diesem Schluss kommt der Österreichische Rechnungshof in seiner jüngsten Projekt-Überprüfung. Als Gründe werden u. a. Risiken bei Rohbau, Ausrüstung und Inbetriebsetzung genannt. Nicht berücksichtigt sind weitere COVID-19-geschuldete Verzögerungen, da die Prüfung vor Ausbruch der Pandemie stattfand.
Auch der EU-Rechnungshof hat kürzlich seinen Sonderbericht zum Großprojekt BBT veröffentlicht. Darin kritisiert er vor allem Verzögerungen und mangelnde Koordination zwischen Österreich, Deutschland und Italien. Weder die drei Staaten noch die EU hätten jemals eine umfassende strategische Kosten-Nutzen-Analyse der Strecke von München nach Verona im Rahmen des EU-Kernnetzkorridors Skandinavien-Mittelmeer durchgeführt. Die neue Analyse aus dem Jahr 2019 basiere nicht auf einer harmonisierten Verkehrsstudie zwischen den beteiligten Staaten und beziehe die nördlichen Zubringerstrecken in Deutschland nicht mit ein. Die deutsche Zulaufstrecke ist möglicherweise erst zwischen 2040 und 2050 fertig gestellt. Die Umsetzung des BBT liegt um zwölf Jahre hinter dem Zeitplan. Die Kosten haben sich mehr als verdoppelt – von ursprünglich geschätzten 4,5 auf 9,3 Milliarden Euro bis zum voraussichtlichen Ende der Bauarbeiten. 62 Prozent der rund 1,2 Milliarden Euro zugewiesenen EU-Kofinanzierung seien noch nicht verwendet worden.
Diese Mehrkosten und Verzögerungen, so der EU-Rechnungshof, können sich nachteilig auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis auswirken und auch eine Verlängerung des Umsetzungszeitraumes notwendig machen.
Hat der BBT unter diesen Umständen überhaupt eine Zukunft? Der Erker hat bei BBT-Beobachtungsstellenleiter Martin Ausserdorfer nachgefragt, wie er zu den Schlussfolgerungen des EU-Rechnungshofes steht. „Ich finde es nicht seriös, dass der Rechnungshof stets auf Zahlen von 2004 zurückgreift, als das politische Abkommen für den BBT geschnürt wurde“, so Ausserdorfer. 2006 wurde das BBT-Projekt auf 6,4 Milliarden Euro geschätzt. Seitdem hätte man eine klare Kostenentwicklung vorzulegen. „Es wurden Risiken vorgesehen, Mehrkosten miteingerechnet durch Auflagen bei der Genehmigung, die Finanzierung wurde gestreckt, die Inflation berücksichtigt.“ Die zeitliche Verzögerung hätte sich vor allem wegen Probleme bei der Vergabe des Bauloses Pfons-Brenner ergeben. Am Zulauf in Deutschland werde inzwischen gearbeitet, zwar mit Verspätung, aber es sei auch wichtig, dass die Menschen das Projekt akzeptieren, Demokratie koste nun Mal Zeit. Aber auch Ausserdorfer appelliert daran, nun zügig am Brennerbasistunnel weiterzuarbeiten: „Es ist bereits fünf vor zwölf.“
(apa/ rb)