Viele Wipptaler hat es ins Ausland verschlagen. Wie sie in ihrer neuen Heimat die Coronakrise erlebt haben, welche Auswirkungen diese auf ihr Berufs- und Privatleben hatte, wollten wir in unserer Erker-Umfrage wissen. Heute haben wir nachgefragt bei Matthias Haller in Innsbruck.
Ich bin gelernter Jurist und arbeite seit einigen Jahren als Universitätsassistent am Institut für Italienisches Recht der Universität Innsbruck im Bereich des öffentlichen Rechts.
Die Corona-Krise war für mich sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht herausfordernd. Zunächst war da die plötzliche Umstellung auf Home Office bei gleichzeitigen strengen Ausgangsbeschränkungen in Tirol, was mir gerade in den ersten zwei bis drei Wochen zu schaffen gemacht hat. Mit der Zeit war ich aber doch in der Lage, Beruf und Freizeit trotz räumlicher Nähe wieder besser zu trennen, wobei mir gerade die – erst nach ein paar Wochen wieder erlaubte – Möglichkeit, im Freien zu sporteln, stark geholfen hat.
Unseren Lehrbetrieb an der Universität mussten wir ebenfalls mit einem Schlag auf Fernlehre umstellen, wobei dies dank bereits vorhandener Online-Lernplattformen und einer entsprechenden technischen Ausstattung relativ unproblematisch war. Der persönliche Austausch mit den Studierenden kommt bei Online-Vorlesungen aber natürlich viel zu kurz, zumal die meisten Kameras ausgeschaltet blieben und Fragen eigentlich stets nur per Chat gestellt wurden. So hatte ich nach einer Weile immer auch das Gefühl, ins Nichts zu reden.
Prüfungen finden derzeit meist ebenfalls in virtueller Form statt – stets verbunden mit einem obligatorischen Kameraschwenk durch den Raum der Prüflinge, um zu überprüfen, ob alles mit rechten Dingen zugeht und keine unerlaubten Hilfsmittel eingesetzt werden. Ein letztes Mal hat dies auch mich getroffen, konnte – oder musste – ich Ende April doch meine Doktorarbeit in virtueller Form vor einer dreiköpfigen Kommission verteidigen (siehe Foto).
Mittlerweile ist Tirol schon wieder fast vollständig aus dem Corona-Tiefschlaf erwacht, und es ist erstaunlich, wie unterschiedlich sich das Leben nördlich und südlich des Brenners derzeit anfühlt. Anschaulich wurde das beim ersten Besuch meiner Eltern hier in Innsbruck, als sie mit ihren am Kinn hängenden Masken und mit fast schon schockiertem Blick feststellten, dass hier ja gar niemand eine Maske trage. Tatsächlich war es in Österreich nie notwendig, im Freien einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, und auch in geschlossenen Räumen ist die entsprechende Pflicht vor kurzem wieder gefallen (mit einigen Ausnahmen wie Öffis und Apotheken). Trotzdem entwickeln sich die Fallzahlen bisher weiterhin sehr gut. Hoffentlich bleibt es so!
Persönlich hoffe ich ebenfalls, dass die positive Entwicklung der letzten Wochen mitsamt der (auch symbolisch) wichtigen (Wieder-)Öffnung der Brennergrenze weiterhin anhält – und ich mich nicht im Herbst oder im Winter in Florenz im Lockdown wiederfinde, wohin es mich ab September für einen einjährigen Forschungsaufenthalt zieht.