Umwelt
"Gelebter Naturschutz" in Sterzing
24.11.2021
Im Vorbeigehen trifft man oft interessante Menschen. Man muss nur stehenbleiben, beobachten, Fragen stellen und zuhören.
Wie an jenem sonnigen Herbsttag, als zwei Frauen neben der Gänsbacherstraße in Sterzing mit Händen und Blumenkellen Löcher in die Wiese bohrten, eins nach dem anderen. Löcher, gerade so tief, dass jeweils drei Blumenzwiebeln darin Platz fanden. Aus ihnen werden im Frühjahr botanische Tulpen, Narzissen, Winterlinge, Krokusse, Anemonen und Iris sprießen, Hunderte von ihnen. Ein bunter Blumenteppich. Eine Augenweide für Passanten, ja, in erster Linie aber Pollen und Nektar - Futter für die Insekten.
„Die Bienen“, sagt Cilli, eine der beiden Gärtnerinnen, „haben in diesem Jahr sehr gelitten“. 95 Prozent weniger Honig als sonst hätten sie produziert, viele Völker seien verendet, auch im Wipptal, weil Extremwetterlagen und fehlendes Nahrungsangebot sie schwächten. Cilli ist Imkerin. Auch deshalb ist es ihr wichtig, dass die Bienen schon im März etwas zu fressen finden.
Die Gänsbacherstraße haben sie und ihre Kollegin Lisi heuer zum allerersten Mal bepflanzt. Die Stadträte Markus Larch und Christine Recla hatten diese Initiative im Rahmen des Projektes ‚Essbare Stadt‘ schon jahrelang geplant und waren froh, dieses Projekt mit Hilfe des ‚Rentnerprogramms‘ verwirklichen zu können. "Es freut mich, wenn sich die Menschen in dieser Stadt wohlfühlen und Freude daran haben, dass es überall schön blüht und gepflegt ist und viele Insekten Nahrung bekommen“, sagt Lisi. „Unsere Arbeit ist weit mehr als ein Hobby, es ist gelebter Naturschutz“, meint Cilli.
Die beiden Frauen zwiebeln nicht jeden Zentimeter voll. „Die Beete sollen sich langsam entwickeln, damit sich die Pflanzen wild vermehren können – vorausgesetzt Passanten und vor allem Hundebesitzer respektieren die Grünflächen. Wenn die Gänsbacherstraße fertig bepflanzt ist nehmen sich die beiden Frauen den Nordpark vor. Danach folgt vielleicht auch noch die Deutschhausstraße. „Wir wissen nicht ob wir heuer alles schaffen werden. Blumenzwiebeln sind nicht billig.“
Ob ihr Einsatz für Sterzing Früchte tragen wird? Der gute Wille sei da, sagen sie, die Absicht auch. „Wenn wir von Biodiversität reden müssen wir uns auch aktiv daran beteiligen und mit mit gutem Beispiel vorangehen“, sagt Cilli. „Vielleicht inspirieren wir so auch andere, Samen auszusäen und Blumenzwiebeln zu pflanzen. Damit die Natur bald wieder so aussieht wie früher. Vielfältig, nahrhaft und bunt.“
rb