Wie berichtet hat der Gemeinderat von Ratschings auf seiner jüngsten Sitzung am 6. Mai die Jahresabschlussrechnung der Gemeinde und die Verwendung des Verwaltungsüberschusses genehmigt sowie die Jahresabschlussrechnungen der Freiwilligen Feuerwehren gutgeheißen. Zwei Beschlussanträge der Bürgerliste wurden nach längerer Diskussion von den Einbringern wieder zurückgezogen.
Mit einem Beschlussantrag, von der Bürgerliste Ratschings eingebracht, sollten die Landwirtschaft und der Konsum lokaler landwirtschaftlicher Produkte in den Tourismusbetrieben der Gemeinde Ratschings gefördert werden. „Die Sitaution der Milchbauern ist prekär“, stellte Thomas Zössmayr von der Bürgerliste dazu fest. Steigende Energiekosten, höhere Kosten für Futtermittel und stagnierende oder sogar sinkende Milchpreise seien nur einige Faktoren, welche die Wirtschaftlichkeit vieler landwirtschaftlicher Betriebe sehr erschwerten. „Die daraus folgende Intensivierung in der Produktion geht zu Lasten nicht nur der Nachhaltigkeit und der Kulturlandschaft, sondern auch der Betriebe und Familien.“ Deshalb möchte die Bürgerliste ein Interreg-Mittelprojekt initiieren, um die Landwirte bzw. die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Tourismus sowie den regionalen Konsum landwirtschaftlicher Produkte zu stärken. Die Kosten dafür belaufen sich auf maximal 50.000 Euro, 80 Prozent davon würden von Interreg refinanziert. „Im Interreg-Rat wurde das Projekt bereits vorgestellt“, so Zössmayr. „Es ist dort auf reges Interesse gestoßen und wird mit Sicherheit auch gefördert.“
Von der Idee grundsätzlich angetan, zeigte sich Bürgermeister Sebastian Helfer jedoch über die Vorgangsweise wenig erfreut. „Bevor wir diesen Beschluss fassen können, sind noch viele Gespräche notwendig, vor allem mit lokalen Akteuren, aber auch mit der Partnergemeinde im nördlichen Wipptal“, so Helfer.
In dieselbe Kerbe schlug auch Gemeinderat Simon Volgger. „Die prekäre Lage der Landwirtschaft ist bekannt und es ist notwendig, dass etwas getan wird“, so Volgger. Wichtig sei für eine gelungene Umsetzung ein ausgereiftes Konzept, das mit möglichen Projektpartnern gut abzustimmen sei. „Und gerade dieses Konzept fehlt derzeit noch“, so Volgger. „Dann wird es schwierig.“
Landwirtschaftsreferent Matthias Braunhofer gab einen kurzen Überblick über die derzeitige Lage der Milchbauern und betonte, dass es bereits Initiativen zur Unterstützung gebe, etwa durch den Milchhof Sterzing oder den Bauernbund. „Es muss in diesem Bereich sicher noch viel getan werden und ich finde auch die Idee zu einem Interreg-Projekt grundsätzlich gut“, so Braunhofer. „Wenn ich mich als Landwirtschaftsreferent der Gemeinde jedoch nicht einbringen kann, kann ich nicht dafür stimmen.“
Den Vorschlag, das Projekt zuerst in einer Arbeitsgruppe zu besprechen und gemeinsam mit möglichen Projektpartnern ein tragfähiges Konzept auszuarbeiten, nahm die Bürgerliste an und zog daraufhin den Beschlussantrag zurück.
Quick-Ladestationen
Ein weiterer Beschlussantrag der Bürgerliste betraf den Anlauf von Quick-Ladestationen für E-Autos. „Unsere Gemeinde ist Mitglied der Initiative ‚Perle der Alpen“, in der sich Gemeinden zur Förderung von schonendem, umweltbewusstem und nachhaltigem Tourismus zusammengeschlossen haben“, so Zössmayr. Zudem sei sie sowohl für Touristen als auch für Tagesausflügler ein beliebtes Ziel. Um einen zukunftsweisenden Schritt in Richtung nachhaltiger Mobilität zu machen, sei eine ausgewogene Lade-Infrastruktur für E-Autos nötig, da immer mehr Menschen auf Elektromobilität umsteigen. „Ratschings könnte hier eine Vorreiterrolle einnehmen und seinen Bürgern und Gästen in jeder Fraktion eine Möglichkeit zum Laden der Fahrzeuge schaffen“, betonte Zössmayr. Ein entsprechendes Angebot für sechs Ladestationen für die Fraktionen Ridnaun, Mareit, Telfes, Stange, Ratschings und Gasteig sei bereits eingeholt worden. Die Tourismus-Verantwortlichen hätten ihr Interesse am Ankauf bekundet, eine Kostenbeteiligung sei vorstellbar.
„Längerfristig ist auch dieser Vorschlag sicher gutzuheißen, es bedarf jedoch auch hier einer guten Planung“, replizierte Bürgermeister Sebastian Helfer. Es gelte zu eruieren, wo genau die Ladestationen errichtet würden, ob die Grundverfügbarkeit bestehe, ob es einen Stromanschluss in der Nähe gebe oder ob Grabungsarbeiten notwendig seien. „Mit dem Ankauf allein ist es nicht getan“, so Helfer. Zudem habe die Gemeinde bereits eine Station in Stange teilfinanziert, in Jaufental habe die E-Werk-Genossenschaft eine solche errichtet, in Ratschings möchte die Liftgesellschaft eine solche einrichten. Vize-Bürgermeister Thomas Strickner bezweifelte grundsätzlich die Notwendigkeit mehrerer Ladestationen. „Private Nutzer haben bereits ihre eigene Station, genauso wie Hotels für ihre Gäste. Auch auf der A22 sind sie in Planung“, so Strickner. Es könnten damit vorwiegend Tagestouristen bedient werden.
„Ich habe nichts anderes als eine Ablehnung unseres Antrages erwartet“, so Zössmayr enttäuscht. „Wenn der Wille da wäre, könnte dieser Beschluss auch gefasst werden.“ Diesen Vorwurf ließ Bürgermeister Helfer nicht auf sich sitzen. „Wir wollen mit der Bürgerliste gut zusammenarbeiten und lehnen eure Projekte nicht grundsätzlich ab“, betonte Helfer. Man könne jedoch ein Pferd nicht von hinten aufsatteln. „Wir können nicht zuerst Ladestationen ankaufen und dann schauen, wo wir sie aufstellen und ob wir sie überhaupt brauchen – so geht das nicht!“
Nach einer kurzen Diskussion über den Sinn von Oppositionsarbeit in einer Demokratie zog die Bürgerliste ihren Antrag schließlich wieder zurück. „Wir werden unsere Hausaufgaben machen und den Antrag in Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat bei der nächsten Sitzung wieder einbringen“, kündigte Zössmayr abschließend an.
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