Am Montag (29. April) fand die Jahresversammlung der Sozialgenossenschaft Südtiroler Kinderdorf im Ansitz Thalhofer in Brixen statt. Der Verwaltungsrat mit Präsidentin Sabina Frei und Direktor Karl Brunner sowie die Bereichsleiter Roland Feichter und Andreas Edinger blickten auf die Fortführung eines regen Reorganisationsprozesses innerhalb der Sozialgenossenschaft zurück und dankten in erster Linie den rund 75 Mitarbeitern, die in den stationären Einrichtungen tätig sind, in der mobilen Familienarbeit, in Haus Rainegg und in der Prävention bei Kido.Impuls.
„Wir stellen fest, dass im vergangenem Jahr 56 Prozent der Belegschaft länger als sechs Jahre im Kinderdorf beschäftigt waren. Das entspricht einem sehr guten Mix zwischen altgedienten und neuen Mitarbeiter:innen, zwischen Erfahrung und neuem Blick“, so Direktor Karl Brunner.
Er sei beeindruckt und dankbar dafür, was im letzten Jahr geleistet wurde: von den Mitarbeitenden wie auch den Freiwilligen und Ehrenamtlichen, die sich intensiv eingebracht haben und vor allem auch von den Kindern und Jugendlichen und ihren elterlichen Bezugspersonen, welche die Gemeinschaft stärken und aktiv mitarbeiten. „Es ist wirklich eine beachtliche Leistung, was hier gelebt und gestaltet wurde und wird.“ Und Präsidentin Sabina Frei ergänzt: „Genau dieses Zusammenspiel auf mehreren Ebenen ist die fruchtbare Grundlage für die weitere Entwicklung unserer Sozialgenossenschaft.“
Netzwerk: Ein Dorf für alle
Das Kinderdorf versteht sich als Organisation, die sozialpolitische Verantwortung übernimmt und das Angebot für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern in herausfordernden Situationen fachlich qualifiziert weiterentwickelt und eine hohe Wirksamkeit in die Südtiroler Gesellschaft ausrichtet. Dazu sei eine gute Vernetzung und Kommunikation auf verschiedensten Ebenen notwendig. Die Zusammenarbeit mit der Abteilung Soziales, den Bezirksgemeinschaften, dem Kinder- und Jugendgericht, der Kinder- und Jugendanwältin sowie den anderen Akteuren im Sozialbereich, wie dem CRAIS (Arbeitskreis sozialpädagogischer Einrichtungen) stehe auf soliden Beinen und werde kontinuierlich ausgebaut. „Mit den Partnerorganisationen des CRAIS konnte ein umfangreiches Weiterbildungsangebot für all diejenigen initiiert werden, die als Quereinsteiger:innen in den Sozialbereich wechseln. Wann immer möglich, werden wir auch zukünftig Absolvent:innen der Universität bei der Einstellung den Vorrang einräumen“, so Direktor Karl Brunner. Der Fachkräftemangel sei auch im Kinderdorf spürbar, man bemühe sich um die Gestaltung eines attraktiven Arbeitsplatzes: Partizipation und Wertschätzung seien grundlegende Pfeiler des Südtiroler Kinderdorfes, das sich als eine lernende Organisation verstehe. Erfreulich sei die Erhöhung der Tagessätze von Seiten des Landes Südtirol, die eine Anpassung der Gehälter möglich machte.
Für 2024 übernimmt das Südtiroler Kinderdorf mit Direktor Karl Brunner und Bereichsleiter Roland Feichter Vorsitz des CRAIS.
MOMO: Aufwind für zarte Flügel
Neben den Kinder- und Jugendwohngruppen, wo 2023 etwa 40 junge Menschen zwischen sechs und 21 Jahren untergebracht werden konnten, hat sich die sozialpädagogische Kleinkinderwohngruppe „Momo“ als Pilotprojekt bewährt. „Das ist für uns ein Meilenstein“, so Bereichsleiter Roland Feichter, „hier leben die Jüngsten im Kinderdorf, Kinder von drei bis acht Jahren. Wir haben die Plätze nun von acht auf sechs Kinder reduziert, um eine bessere Betreuung gewährleisten zu können.“ Gemeinsam mit dem Amt für Kinder- und Jugendschutz und soziale Inklusion wurde vereinbart, die Kinderwohngruppe „Momo“ nun offiziell in das Regelangebot des Südtiroler Kinderdorfes zu überführen und sowohl die Personalparameter anzupassen, als auch einen angemessenen Tagsatz zu erzielen.
Haus Rainegg
Derzeit leben sieben Frauen mit ihren Kindern in Haus Rainegg, das sich südlich von Brixen befindet. Hier finden alleinerziehende Frauen mit ihren Kindern in Kleinwohnungen eine geschützte Unterkunft. Gründe der Aufnahme liegen meistens in Konflikten und Gewalt im Familiensystem oder eine psychosoziale Notsituation . Bereichsleiter Andreas Edinger: „In der Begleitung der Frauen und Kinder stellen nach wie vor Analphabetismus, sprachliche Barrieren und fehlende Kinderbetreuungsplätze eine Rolle. Gegen Ende der Begleitung wird auch die Frage nach einer zukünftigen Wohnmöglichkeit wichtig. Während im Kontakt mit den Frauen selbst innovative Lösungen und das Hinzuziehen von Mediator:innen einen ersten Zugang zur Kommunikation und damit zum Beziehungsaufbau ermöglichen, ist das Thema der fehlenden Kinderbetreuung und das der Wohnungsnot nach dem Auszug eines das nur langfristig von den politischen Entscheidungsträger:innen zu lösen ist.“
Die Themen werden daher konsequent bei den Sozialdiensten und auf politischer Ebene platziert. Auf organisatorischer Ebene sucht Haus Rainegg nach wie vor Freiwillige, die bereit sind die Hauptamtlichen in den Abendstunden zu unterstüzten.
Kido.Impuls: Bunt wie Familie
Das Südtiroler Kinderdorf setzt neben den sozialpädagogischen Einrichtungen auch auf Prävention. Ehemals Treff.familie wurde in Kido.Impuls umbenannt, das sich zukünftig vermehrt präventiven Angeboten zur Förderung und Stärkung von Familien widmet und das Knowhow breiteren Teilen der Gesellschaft zur Verfügung stellt. Ein großer Teil der Finanzierung des Dienstes wird über die Familienagentur und die Bezirksgemeinschaft Eisacktal abgedeckt. Ein Fokus liegt auf Maßnahmen im Bereich der Familienbildung und Bewusstseinsarbeit. Unter anderem wurden die Themen „Geschwisterbeziehungen stärken“, „Grenzen im Familienalltag“ und „Richtig loben, wie geht das?“ aufgegriffen und an ein umfangreiches Verteilernetzwerk (Schulen, Kindergärten, Kitas), das stetig weiter ausgebaut wird, versandt. Auch die im Rahmen des Interreg-Projekts übersetzten Impulse (Urdu, Arabisch, Englisch, Ukrainisch) wurden an interessierte Netzwerkpartner verteilt.
Alle Texte können über die Websitevon Kido.Impuls eingesehen werden.
Sozialbilanz
Das Südtiroler Kinderdorf befindet sich derzeit in einer Phase der Reorganisation und Neuausrichtung, wo neue Wege beschritten werden. Der Verwaltungsrat mit Präsidentin Sabina Frei, Vizepräsidentin Margit Tauber und den Verwaltungsräten Walter Mitterrutzner, Adolf Erlacher, Leonhard Niedermayr, Gabriele Prader-Fritz, Urban Nothdurfter und Markus Kuntner legen Wert auf Transparenz. Die Sozialbilanz gibt Einblick in die Tätigkeiten des Südtiroler Kinderdorfes und ist auf der Website einsehbar.
Foto © Südtiroler Kinderdorf