Am 24. April fand die jährliche Jahresversammlung der Sozialgenossenschaft Südtiroler Kinderdorf im Ansitz Thalhofer in Brixen statt. Präsidentin Sabina Frei und das Leitungsteam rund um Direktor Karl Brunner präsentierten den Jahresbericht 2024 mit einem Ausblick auf das Jahr 2025.
„Wir sind nun fast 70 Jahre auf dem Weg“, so Präsidentin Sabina Frei, „und leben mit unserer Sozialgenossenschaft 70 Jahre kontinuierliche Veränderung. Wir haben einen sozialen Auftrag, der weit über unsere Organisation hinausgeht und in die Südtiroler Gesellschaft hineinwirkt.“
Die letzten Jahre waren eine intensive Zeit der Reorganisation, die vor allem zwei Ziele verfolgte: mehr wirtschaftliche Stabilität für mehr Spielraum in der inhaltlichen Weiterentwicklung.
Wirtschaftliche Stabilität
Das Südtiroler Kinderdorf versteht sich als Organisation, die sozialpolitische Verantwortung übernimmt und das Angebot für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern in herausfordernden Situationen fachlich qualifiziert weiterentwickelt und eine hohe Wirksamkeit in die Südtiroler Gesellschaft ausrichtet. „Dass wir das Jahr 2024 mit einem ausgeglichenen Haushalt abgeschlossen haben, ist mehr als erfreulich“, so Direktor Karl Brunner, „das ermöglicht uns Spielraum für Investitionen, um am Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig zu sein. Es ist aber nach wie vor schwierig Fachkräfte zu finden.“
Wesentlich für das Südtiroler Kinderdorf ist die Bereitstellung eines großen Budgets für Fortbildung und Supervision, die ein Qualitätsmerkmal der Sozialgenossenschaft darstellen und an denen nicht gespart werden soll. Im Jahr 2024 beschäftigte das Kinderdorf 81 Mitarbeiter, in 62 Vollzeitstellen: „Was im Kinderdorf geleistet wird, ist beachtlich. Es gibt sehr herausfordernde Situationen, für Mitarbeitende wie für Ehrenamtliche, und ich finde es großartig, wie qualitätsvoll wir alle zusammenarbeiten, verbunden und getragen von unseren Netzwerkpartnern“, so Direktor Karl Brunner. Derzeit werde ein Leitfaden für die persönliche Entwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erarbeitet, in der Personalführung folge man den Prinzipien einer selbstlernenden Organisation.
Inhaltlich wurde der Schwerpunkt Traumapädagogik weitergeführt, elf Teilnehmer aus dem Kinderdorf besuchten den Lehrgang, der auch 2025 weitergeführt wird. Die integrativen Plätze in den Wohngemeinschaften seien aufgestockt worden, da es deutlich mehr Anfragen gäbe. Dies erfordere zusätzliches Personal, wie z.B. Ergotherapeuten, für die das Kinderdorf Stellen ausgeschrieben habe.
Auf dem Weg: Kinder- und Jugendwohngemeinschaften
In den Kinder- und Jugendwohngruppen lebten 2024 zwischen 37 und 45 junge Menschen im Alter von drei bis 21 Jahren. „Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass wir wenige Anfragen für die Altersgruppe der 6- bis 12-Jährigen bekommen“, sagt Bereichsleiter Roland Feichter. Das führe dazu, dass in einigen Kinderwohngruppen auch Jugendliche untergebracht werden. Dies müsse sehr sensibel gestaltet werden. Auch die Kleinkinderwohngruppe Momo, in der Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren betreut werden, erfordere besondere Aufmerksamkeit und Fachwissen. Seit 2024 gehört die Kleinkinderwohngruppe Momo zum Regelangebot des Südtiroler Kinderdorfes. Eine weitere Wohneinrichtung für Kinder von 0 bis 6 Jahren ist in Planung.
Die verstärkte Nachfrage nach integrativen Wohnplätzen hat dazu geführt, dass nun insgesamt drei Wohngemeinschaften akkreditiert sind und strukturell etwas umorganisiert werden müssen.
Haus Rainegg – Mobile Familienarbeit – Kido.IMPULS
Im Haus Rainegg südlich von Brixen, das zur Sozialgenossenschaft Südtiroler Kinderdorf gehört, leben derzeit fünf Frauen mit ihren Kindern. Hier finden alleinerziehende Frauen mit ihren Kindern in kleinen Wohnungen eine geschützte Unterkunft. Bereichsleiter Andreas Edinger: „2024 war viel Bewegung in diesem Dienst, viel Leben. Wir sind dabei, das Team neu aufzubauen, weil zwei langjährige Mitarbeiterinnen gegangen sind. Die Nachbesetzung war nicht einfach.“ Schwierig bleibt der überteuerte Wohnungsmarkt in Südtirol, der einen Auszug aus dem Haus Rainegg deutlich erschwert. Organisatorisch habe sich die Aufnahme eines Jahresfreiwilligen als wertvolle Unterstützung vor allem im Nachtdienst erwiesen.
Das Team der Mobilen Familienarbeit betreute im Jahr 2024 insgesamt 41 Familien, wobei die Abklärung von Kindeswohlgefährdung, Trennungskonflikten oder die Stabilisierung der Elternrolle im Vordergrund standen. Das Konzept der Aufsuchenden Familienarbeit wurde erneuert, mit einer verstärkten Partizipation der Familien.
Die Fachstelle Kido.Impuls hat sich gut entwickelt und widmet sich vermehrt präventiven Angeboten zur Förderung und Stärkung von Familien und stellt ihr Know-how breiteren Teilen der Gesellschaft zur Verfügung. „Die Workshops für Familien sind oft ausgebucht und die Themen rund um Erziehung, Mental Load, Vatersein treffen den Nerv der Zeit“, so Andreas Edinger. Auf digitaler Ebene wurde ein Newsletter etabliert und die Website ausgebaut. Im Sommer bietet Kido.Impuls erstmals die Sommerbetreuung „Kids.Aktiv“ für externe Kinder und Jugendliche zwei Wochen vor Schulbeginn an und die Fachkräfte des Kinderdorfs übernehmen heuer erstmals auch einen Turnus der Ferienwoche für Caritas-Familien in Caorle.
Neuwahl des Verwaltungsrates
Alle Verwaltungsratsmitglieder des Südtiroler Kinderdorfes haben sich bereit erklärt, für weitere drei Jahre ehrenamtlich tätig zu sein und wurden von der Mitgliederversammlung bestätigt: Präsidentin bleibt Sabina Frei, Vizepräsidentin Margit Tauber, die weiteren Mitglieder des Verwaltungsrates sind Walter Mitterrutzner, Adolf Erlacher, Leonhard Niedermayr, Gabriele Prader-Fritz, Urban Nothdurfter und Markus Kuntner. Sabina Frei schloss die Vollversammlung mit den Worten des neuen Leitbildes: „Unser eigener Anspruch fordert uns heraus, gemeinsam auf dem Weg zu bleiben und unseren Auftrag bestmöglich zu erfüllen. Dabei behalten wir die gesellschaftlichen Entwicklungen im Auge und erkennen auch die unvorhersehbaren Wendungen des Lebens an.“
Foto © Südtiroler Kinderdorf