Wirtschaft
Im Gespräch mit Wolfgang Töchterle, Marketingdirektor von IDM
22.05.2020
Mitten in der Corona-Krise, noch während sich die gesamte Berichterstattung um Infektionszahlen drehte und die negativen Folgen für die Wirtschaft drehte, wurde bereits an Strategien gearbeitet, wie der Tourismus in Südtirol den Restart wagen könnte. Wie Wolfgang Töchterle, Marketingdirektor von IDM, erklärt, überwiegt dabei durchaus Zuversicht und Aufbruchstimmung.
Erker: Die Corona-Krise hat der sehr erfolgreichen Südtiroler Tourismusbranche einen argen Dämpfer versetzt. Wie nehmen Sie die derzeitige Krise war? Untergangs- oder eher Aufbruchsstimmung?
Wolfgang Töchterle: Aufbruchstimmung, wenngleich es diese argen Dämpfer in den letzten Wochen definitiv gegeben hat. Die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer im Tourismus haben aber verstanden, dass die aktuelle Situation rund um Corona unzählige Chancen in sich birgt. Chancen, die man nutzen sollte, denn die alte Welt wird nicht zurückkommen. Es wird nicht funktionieren, die Situation einfach auszusitzen. Die leitende Frage ist: „Wie müssen wir uns verändern, um auch in der neuen Welt erfolgreich zu sein?" Es geht um Neuerfindung, nicht ums Überleben. Warum soll ein Hotel nur dann rentabel sein, wenn es mindestens 4 Sterne Superior und 40 Zimmer hat? Angesichts der Tatsache, dass dadurch zwangsläufig viele Menschen mehrmals am Tag aufeinandertreffen, ist es wohl ein Geschäftsmodell, das es neu zu denken gilt. Es gibt bereits heute zahlreiche Beispiele, die beweisen, dass es auch anders funktioniert. Und wer die Entwicklungen der letzten Jahre beobachtet hat, der hat bemerkt, dass sich auch die Kundenbedürfnisse schon eine ganze Weile in die Richtung entwickelt haben, in die uns Corona jetzt etwas schneller drängt.
Auf welche Strategien setzt IDM, um den Tourismus in Südtirol wieder ankurbeln? Beispielsweise die Vermarktung Südtirols als sicheres Urlaubsland?
Die Reisebeschränkungen werden in Kürze wieder gelockert werden. Alles andere würde ja nicht dem europäischen Gedanken entsprechen, und alles andere würde die Wirtschaft auch nicht aushalten. Und ja: Die Sicherheit vor Ort ist aktuell laut unseren Marktforschungsdaten das Kriterium Nr. Eins für die Wahl einer Urlaubsdestination. Sowohl im italienischen Markt als auch in den deutschsprachigen Märkten - dicht gefolgt vom Thema Natur & Landschaft. Im Bereich der Sicherheit legt IDM gemeinsam mit den Partnern die Latte für Südtirol ja ordentlich hoch. Das wird uns gut tun. Und was die Natur anbelangt, hat Südtirol mit seinen alpin-mediterranen Facetten alle Trümpfe in der Hand. Und genau das ist es auch, was wir in der Vermarktung thematisch nach vorne schieben.
Was werden Ihrer Meinung nach die langfristigen Folgen dieser Krise sein? Wird es ein Umdenken geben (müssen)? Hin zu mehr qualitativem Tourismus? Wird am Ende der Südtiroler Tourismus vielleicht sogar von dieser Krise profitieren?
Es ist ja nicht so, als ob wir vor Corona keine Probleme gehabt hätten. Im Gegenteil. Südtirol hat teilweise gedroht, an alten Erfolgsmodellen zu erkranken. Erfolgsmodelle, die man nie neu gedacht hatte. Insofern ist Corona nichts anderes als ein Katalysator, ein Beschleuniger also für Innovation, die man ohnehin gebraucht hätte. Ich bin überzeugt, dass Südtirol morgen erfolgreicher sein wird als heute mit dem attraktiven Zusatz, dass Erfolg in diesem Zuge auch neu definiert werden wird.
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