Politik
„Wir wollen alle dasselbe!“
01.06.2020
Die letzte Gemeinderatssitzung in Sterzing fand aufgrund der besonderen Umstände in einem etwas ungewöhnlichem Rahmen statt: Um die Abstandsregeln einhalten zu können, wurde die Sitzung kurzerhand in den Vigil-Raber-Saal verlegt.
Eingangs wurden zwei Beschlussanträge der SVP behandelt. Ersterer betraf die „Senkung der Gebühren der Stadtgemeinde Sterzing im Sinne der Unterstützung für Familien und Betriebe in Zusammenhang mit dem Covid-19-Notstand“. Die SVP-Unterzeichner Dietrich Thaler, Werner Graus und Eva Frick plädierten für die Rückerstattung der Kindergartengebühren im Zeitraum März bis Juni und für die Senkung der Gebühren um 50 Prozent für das kommende Schuljahr. Weiters forderten sie die Gemeindeverwaltung auf, sofern möglich, auch auf die GIS-Gebühren für das Jahr 2020 gänzlich zu verzichten bzw. die Senkung auf den Mindesthebesatz von 0,1 Prozent für jene Inhaber, welche die Immobilie selbst nutzen oder die finanzielle Erleichterung an die Pächter weitergeben. Die Landesregierung sollte aufgefordert werden, die dafür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Inhaltlich zwar einverstanden, aber aufgrund rechtlicher Bedenken, erklärte Bürgermeister Fritz Karl Messner, dass die Einhebung der Immobiliensteuer (GIS) auf staatlicher Ebene festgelegt worden sei. Vor einigen Jahren wurde diese Regelung durch ein Landesgesetz ersetzt, welches nur einen engen Spielraum zulasse. Der von der Landesregierung festgelegte Mindestsatz wird bereits angewandt, führte Bürgermeister Messner weiter aus. Eine Ausnahme bildeten die leer stehenden bzw. als Zweitwohnung genutzten Immobilien. Cristiana Vai, Amtsleiterin des Steuerwesens der Gemeinde Sterzing, erklärte dazu, dass es für einen Steuererlass oder eine Reduzierung keine rechtliche Grundlage durch eine Landesverordnung gebe. Bürgermeister Messner präzisierte, dass die Gemeindeverwaltung ein Anrecht auf finanzielle Kompensation der entgangenen Steuereinnahmen habe, wenn diese auf einer staatlichen Anordnung bzw. einer Anordnung der Landesregierung fuße. Verzichtet die Gemeinde Sterzing aber auf diese Steuer ohne eine rechtlichen Absicherung durch eine entsprechende Verordnung, könnte der Gemeinde ein finanzieller Schaden entstehen, da sie dann selbst für die entgangenen Einnahmen aufkommen müsste. Auch im Rat der Gemeinden sei über diese und ähnliche Situationen diskutiert worden. Dort vertrete man die Ansicht, dass es sinnvoller sei, keine voreiligen Entscheidungen zu fällen und auf einen Beschluss der Landesregierung zu warten. Stadtrat Markus Larch plädierte für eine Petitionen, in welcher der Landtag aufgefordert werden sollte, eine entsprechende Anordnung zu erlassen. Diese wurde unter dem Punkt Allfälliges vorgetragen und von der Mehrheit der Gemeinderäte unterzeichnet. Dietrich Thaler (SVP) sprach sich für eine Vertagung aus, da bis zur nächsten Sitzung unter Umständen sowohl Klarheit über die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde als auch über die Pläne der Landesregierung diesbezüglich herrschten. Da die GIS vor allem eine Steuer sei, die der Gemeinde zugute kommt, solle auch die Gemeinde darüber befinden, weshalb er keinen großen Sinn in einer Petition an den Landeshauptmann sehe, so Thaler. Angenommen wurde schließlich der Vorschlag von Gemeinderätin Edith Gander (Für Sterzing - Wipptal), die Entscheidung über den Beschlussantrag zu vertagen und im Anschluss die Petition zu unterzeichnen.
Bzgl. Gebühren für den Kindergarten erklärten die zuständigen Stadträte Verena Debiasi und Fabio Cola, dass die im Beschlussantrag geforderten Erleichterungen bereits in Anwendung sind. Für den Zeitraum, in welchem der Kindergarten geschlossen ist, müssen keine Gebühren bezahlt werden bzw. bereits entrichtete Gebühren werden zurückerstattet. Auch suche man nach einer Lösung, um besonders finanziell belastete Familien zu unterstützen. Eine Reduzierung der Gebühren um 50 Prozent für alle Eltern, wie von der SVP gefordert, könne man jedoch nicht unterstützen, so Debiasi. Denn es gebe besondere Härtefälle, wo man möglicherweise sogar gänzlich auf die Gebühren verzichten möchte, aber auch Eltern, die keine finanzielle Einbußen durch die Corona-Krise erlitten hätten. Derzeit wird eine Staffelung der Gebühren geprüft, ähnlich wie sie bereits im Altenheim oder in der Kindertagesstätte in Anwendung ist, und wo die soziale Bedürftigkeit miteinbezogen wird. „Uns liegt eine Regelung am Herzen, die vor allen Dingen jenen Kindern zugute kommt, die weiterhin den Kindergarten besuchen müssen, wollen, sollen, obwohl derzeit zuhause das Geld fehlt“, so Debiasi.
Im zweiten Beschlussantrag, eingebracht von der SVP-Fraktion, wurde der Stadtrat aufgefordert, zusätzliche, außerordentliche Beiträge für Vereine zu ermöglichen, welche Kinder-Betreuungsangebote von Mai bis September anbieten. Wie Frick (SVP) erklärte, habe die Landesregierung zwar die Voraussetzung geschaffen, dass Sommerbetreuungswochen stattfinden könnten, jedoch gebe es scheinbar bei vielen Eltern und Kindern Bedenken wegen der ständigen Mundschutzpflicht. „Hier“, so Frick „kommen jene Vereine ins Spiel, die eine Betreuung für wenige Stunden anbieten können.“ Dies sei vor allem für die Sportvereine interessant, die derzeit über keine Einnahmen verfügten, aber zusätzliche Anschaffungen wie Fiebermessgeräte tätigen müssten. Die Gemeinde Sterzing könnte hier einen finanziellen Anreiz schaffen, damit Vereine Betreuungsangebote übernehmen könnten, zumal die Möglichkeiten in den Nachbargemeinden zwar auch den Sterzinger Kindern zur Verfügung stünden, aber primär für die eigenen Gemeindebewohner gedacht sei. „Grundsätzlich steht dem nichts entgegen“, erklärte Bürgermeister Messner zu diesem Antrag. Fabio Cola merkte an, dass es bedauerlich sei, dass jede Gemeinde nur auf sich selbst schaue. Man sei auch bereits im Gespräch mit verschiedenen Sportvereinen und man werde das Möglichste tun, um sie zu unterstützen. Debiasi fügte hinzu, dass Vereine, die besonders in dieser schwierigen Situation Betreuungsangebote ermöglichen, immer auf die Unterstützung der Gemeinde zählen könnten. Frick präzisierte, dass es in dem Antrag nicht um die üblichen finanziellen Zuwendungen gehe, sondern darum, einen Impuls zu setzen und dafür außerordentliche Beiträge zu gewähren. Herbert Seeber erklärte, dass Vereine, welche Betreuungsangebote anbieten, ohnehin seit jeher unterstützt werden, weshalb er sich für einen Abänderungsantrag aussprach, in welchem klar definiert wird, dass Vereine, welche im Sommer zusätzliche Angebote für Kinder und Jugendliche zu den bereits bestehenden organisieren, um einen außerordentlichen Beitrag ansuchen können. Dies sollte vor allem für Ersatzangebote für abgesagte Betreuungsangebote, wie beispielsweise den Sommerkindergarten, oder Betreuungsangebote in reduzierter Form aufgrund der vorgeschriebenen Gruppengrößen gelten. „Offensichtlich wollen wir alle das Gleiche“, so Bürgermeister Messner und sprach sich für den Abänderungsantrag von Seeber aus. In der Abstimmung wurden Abänderung und Beschlussantrag angenommen.
Bzgl. Ratifizierung eines Dringlichkeitsbeschlusses den Gemeindehaushalt betreffend konnte Bürgermeister Messner berichten, dass 37.000 Euro aus dem Landesbeitrag für den Ankauf von Lebensmittelgutscheinen für Familien, die aufgrund der Covid-19-Krise in Not geraten waren, verwendet wurden. 21.000 Euro wurden in den Ankauf von Gesichtsmasken investiert, welche in den öffentlichen Ämtern aufliegen.
Die Abschlussrechnung der Gemeinde mit einem Kassastand zum 31. Dezember 2019 von 4,6 Millionen Euro wurde mehrheitlich genehmigt, wobei ein Verwaltungsüberschuss von 1,8 Millionen Euro zu verzeichnen ist. Dieser wird u. a. für den Skaterpark (35.000 Euro), für die außerordentliche Instandhaltung des Wasserwerkes (31.000 Euro), Sanierung Straße Tschöfs (42.000 Euro), Steuern und Stromeinkauf E-Werk (549.000 Euro) verwendet.
Ebenfalls genehmigt wurden die Abschlussrechnungen der Freiwilligen Feuerwehren von Sterzing mit einem Verwaltungsüberschuss von 110.000 Euro und Thuins mit einem Verwaltungsüberschuss von 33.000 Euro.
Folgende Abänderungen im Haushaltsvoranschlag wurden auf der Einnahmenseite verbucht: Beitrag für Covid-19-Maßnahmen 8.000 Euro, Leader-Beitrag für Konzept Stadttheater 19.000 Euro, Investitionsbeitrag für Energieeffizienz und nachhaltige Raumentwicklung 70.000 Euro, Investitionsbeitrag für den Nordpark 35.000 Euro, Sanierung Straße Tschöfs 60.000 Euro, Landesbeitrag für die Einrichtung des italienischen Kindergartens 31.000 Euro, Landesbeitrag Recyclinghof 4.800 Euro, EFRE-Beitrag für die energetische Sanierung der Turnhalle in der Sportzone 615.000 Euro, Leader-Programm Rosskopf Relax 89.000 Euro, Leader-Beitrag für die Bushaltestelle am Nordpark 181.000 Euro, Restaurierung Herz-Jesu-Statue in der St. Margarethenstraße 800 Euro. Auf der Ausgabenseite wurden folgende Posten verbucht: Konzept Stadttheater 24.000 Euro, außerordentlicher Beitrag an den Pfarrchor für Jubiläums-CD 3.000 Euro, Steuern E-Werk 60.000 Euro, Unterstand Bauhof 2.500 Euro, Kindergarten Löwenegg 20.000 Euro, Stadtbibliothek Sterzing Anlage Selbstausleihe 28.000 Euro, Stadtbibliothek Medienrückgabe 6.000 Euro, Austausch des Filters im Freibad 10.000 Euro, Sportzone 10.000 Euro, Errichtung Skaterpark 45.000 Euro, Gemeindeentwicklungsplan 96.000 Euro, Spiel- und Parkanlagen 6.000 Euro und Sicherheitsbestimmungen 15.000 Euro, Investitionsbeitrag Trinkwasserversorgung Interessentschaft Thuins 217.000 Euro, Umstellung auf LED-Beleuchtung 70.000 Euro, technische Spesen Feuerwehrhalle Thuins 317.000 Euro.
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