Einen holprigen, ja sogar noch nie dagewesenen umstrittenen Start erlebte der Wipptaler Bezirksrat bei seiner konstituierenden Sitzung, die am heutigen Montag (21. Dezember) in der Zentralverwaltung der Bezirksgemeinschaft in Sterzing stattgefunden hat. Bürgermeister Sebastian Helfer sprach sogar von einer „einzigen Enttäuschung“.
Doch der Reihe nach. Nach der Begrüßung durch Heinrich Aukenthaler, Vertreter der Gemeinde Freienfeld, und der Feststellung der Wählbarkeit wurde der Bezirksrat neu bestellt. Ihm gehören in der neuen Amtsperiode Martin Alber (Brenner), Richard Amort (Franzensfeste), Heinrich Aukenthaler (Freienfeld), Monika Reinthaler Trenkwalder (Pfitsch), Sebastian Helfer (Ratschings), Benno Egger (Sterzing) und David Zanarotto als Vertreter der italienischen Sprachgruppe an. Die Wahl fiel einstimmig aus.
Anschließend stellte die designierte Bezirkspräsidentin Monika Reinthaler Trenkwalder ihr Programm vor, das sie gemeinsam mit den designierten Bezirksreferenten Benno Egger und Franz Kompatscher erstellt hatte. Sie sprach von „vielen umfangreichen Projekten“, die anstünden, etwa der Umbau des Bezirksaltenheimes und der Neubau der Bezirkskläranlage. Vor allem im sozialen Bereich „habe ich Ideen in Bezug auf neue Modelle der Seniorenbetreuung oder auf den Umgang mit Jugendlichen mit Suchterkrankungen“, so Reinthaler Trenkwalder.
In der nachfolgenden Diskussion bemängelte Martin Alber einen „sehr schwachen zweiten Teil“ der Programmschrift. „Im politischen Teil werden Projekte, Themen und Ideen lediglich mit ein, zwei Sätzen abgehakt“, so Alber. „Vorschläge für das Bezirksaltenheim, die im Vorfeld in der Bürgermeisterkonferenz diskutiert worden seien, würden überhaupt nicht berücksichtigt.
„So kann man mit mir nicht umgehen“
Auch Sebastian Helfer fand im vorgelegten Programm „nichts Neues“. „Das muss aber auch nicht sein, denn die Probleme des Wipptales kennen wir bereits und diese gilt es zu lösen“, so Helfer. Hart ins Gericht ging er jedoch mit der Zusammensetzung des Bezirksausschusses, über den in der Folge abgestimmt werden sollte. „So etwas habe ich in meiner 35-jährigen Politikerkarriere noch nicht erlebt“, so Helfer, der klare Worte fand. „Innerhalb der SVP sind bei dieser Personalentscheidung Dinge passiert, die ich nicht gutheißen kann. Jeglicher Zusammenhalt wurde über Bord geworfen, um Personen aus der gleichen Partei zu verhindern. Ich nehme das zur Kenntnis, so kann man jedoch mit dem Bürgermeister der Gemeinde Ratschings, immer noch SVP-Hochburg im Wipptal, nicht umgehen.“
„Konsequenzen für die Wipptaler SVP“
Doch was war passiert? In einem Bürgermeistertreffen nach den Wahlen im Herbst hatte sich herausgestellt, dass sowohl die Gemeinden Freienfeld, Pfitsch und Sterzing als auch Brenner und Franzensfeste im Ausschuss vertreten sein wollten. Die vier SVP-Bürgermeister im Bezirk einigten sich daraufhin in einer Aussprache darauf, Martin Alber zum Bezirkspräsidenten zu ernennen, Benno Egger und Monika Reinthaler Trenkwalder sollten einen Referentenposten erhalten. Dabei sei es auch geblieben, bis er vor einer Woche einen Anruf von Reinthaler erhalten habe, bei dem sie ihm mitgeteilt habe, selbst für das Amt der Bezirkspräsidentin zu kandidieren und eine Zusammenarbeit mit Martin Alber kategorisch abzulehnen. „Das funktioniert so aber nicht“, so Helfer aufgebracht. „Mit Leuten, die gewählt worden sind, muss eine Zusammenarbeit gesucht werden.“ Überrascht habe ihn auch das Verhalten von Franz Kompatscher, der als SVP-Bezirksobmann in dieser Situation nicht noch einmal das Gespräch gesucht habe, sondern vielmehr ein Programm vorgelegt habe, auf dem sein eigener Name stand. „Eine einheitliche Lösung wäre machbar gewesen“, so Helfer. „Eine Gruppierung innerhalb der SVP wollte jedoch alles tun, um Alber zu verhindern. „Das wird für die Wipptaler SVP Konsequenzen haben“, so Helfer. „Es bricht mir das Herz, dass Leute in der eigenen Partei so miteinander umgehen. Diese Vogel-friss-oder-stirb-Politik ist mir fern. Es muss nicht nach meinem Willen gehen, aber das ist kein Umgang – das ist vielmehr eine einzige Enttäuschung.“
„Ränkespiel im Hintergrund“
Nach Benno Egger, der an die Zusammenarbeit der Bezirksräte appellierte, bezog auch Martin Alber Stellung. Er fühle sich gekränkt, weil „im Hintergrund von mehreren Personen ein Ränkespiel gegen mich losgetreten“ worden sei. Die Räte der Gemeinde Brenner hätten sich für ihn als Vertreter im Bezirksrat ausgesprochen und das sei von den anderen Gemeinden zu akzeptieren. „Dass eine Zusammenarbeit mit mir ohne Angabe von Gründen abgelehnt wird, nehme ich zur Kenntnis – fair ist das aber nicht“, so Alber. „Die Räte sind schließlich Vertreter ihrer Gemeinden und nicht ihrer eigenen Interessen. Er kündigte an, seine Aufgaben weiterhin ernst zu nehmen und seinen Prinzipien treu zu bleiben, eine Zusammenarbeit sehe er auf dieser Basis allerdings „äußerst problematisch“.
„Nicht für Entscheidungen anderer geradestehen“
Monika Reinthaler Trenkwalder replizierte, dass es im Vorfeld angeheizte Diskussionen gegeben habe. „Es gibt aber keine Gruppe, die Alber verhindern wollte“, so Reinthaler. „Es wurde jedoch unter den SVP-Bürgermeistern etwas ausgemacht, für das ich dann geradestehen sollte. Deshalb wollte ich meine eigenen Vorstellungen einbringen und auch Leute vorschlagen, mit denen ich gut zusammenarbeiten kann.“ Sie sei auf alle zugegangen und habe schließlich auch ihren Rückzug vorgeschlagen, am Ende habe sie ein kompetentes Team vorgeschlagen. „Jetzt muss auch dieses Ergebnis akzeptiert werden. Es stehen umfangreiche Arbeiten an, für die es die Zusammenarbeit aller braucht. Ich werde in meiner Tätigkeit als Bezirkspräsidentin mein Bestes geben und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit. Das Gemeinwohl für den Bezirk muss im Vordergrund stehen.“
In einer offenen Abstimmung wurde Monika Reinthaler Trenkwalder schließlich mit 4 Ja-Stimmen (Heinrich Aukenthaler, Benno Egger, Monika Reinthaler Trenkwalder, David Zanarotto), 2 Nein-Stimmen (Martin Alber, Sebastian Helfer) und 1 Enthaltung (Richard Amort) zur Bezirkspräsidentin gewählt, als Referenten sind Benno Egger und Franz Kompatscher tätig.
Eine interessante Frage hat in der Diskussion über das Programm für die neue Amtsperiode übrigens David Zanarotto aufgeworfen. Auf die Feststellung von Helfer und Alber, dass das Programm nicht Neues enthalte, fragte er: „Warum stehen die alten Projekte schon so lange auf dem Programm? Wäre es nicht besser, zuerst das Alte abzuarbeiten und dann erst Neues anzugehen?“ In der Tat, die Probleme sind im Wipptal auch nach Jahren und Jahrzehnten immer noch dieselben ...
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