Die Zahl der Neuinfektionen schnellt rapide nach oben. Gestern (8. Jänner) meldete der Südtiroler Sanitätsbetrieb 2.229 positiv Getestete. Was bedeutet diese Entwicklung für das Bezirkskrankenhaus? Nachgefragt bei Dr. Rita Haller, Notärzte-Koordinatorin und Stabsleiterin des Krisenstabs am Krankenhaus Sterzing.
Erker: Frau Dr. Haller, seit zwei Jahren prägt Covid-19 den Alltag im Krankenhaus Sterzing. Welche Bilder sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Dr. Rita Haller: Ich erinnere mich noch gut an den Beginn der Pandemie, an die ersten Versuche, sich auf Rückmeldungen der Kollegen in der Lombardei im Krankenhaus vor Covid zu schützen, an die ersten beiden Wochen Umstrukturierungsarbeit im Krankenhaus, die man sich vorher nie hätte vorstellen können. Ich erinnere mich auch an

den unglaublichen Zusammenhalt der Mitarbeiter, die sich ohne Zögern und ohne Wenn und Aber der neuen Herausforderung gestellt haben, und an das Sich-Herantasten und Anpassen unserer Therapiemöglichkeiten an diese neue und unbekannte Erkrankung. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die Tage und Situationen, in denen innerhalb kurzer Zeit so viele Intensivpatienten im Krankenhaus behandelt werden mussten, dass wir an die Grenze unserer Kapazitäten gekommen sind. Es gab viele besondere Patienten in dieser besonders schweren Zeit und unter außergewöhnlichen Bedingungen, und viele damit verbundene Schicksale.
Wie bereitet sich das Krankenhaus auf Omikron vor?
Omikron stellt uns vor neue Herausforderungen. Durch die wahnsinnig hohe Kontagiosität der Omikron-Variante und die immens hohe Anzahl an positiven Menschen, die in den nächsten Wochen zu erwarten sind, werden auch durch Omikron viele Intensiv- und Normalstationspatienten im Krankenhaus zu erwarten sein, vor allem, da es noch immer viele ungeschützte Menschen gibt.
Die Krankenhäuser werden also erneut an ihre Grenzen kommen?
Ja. Die Anzahl der zu behandelnden Covid-Patienten in Zusammenschau mit der Gesamtzahl an Positiven wird nicht abnehmen. Aufgrund von Suspendierungen, Pensionierungen, Mutterschaften und krankheitsbedingten Ausfällen müssen wir mit einem reduzierten Personalstand und folglich reduzierter Bettenzahl arbeiten. Zudem geht im Vergleich zum Beginn der Pandemie vor zwei Jahren das alltägliche Leben weiter. Damit kommen zu den Coronapatienten alle anderen Patienten dazu, darunter Traumapatienten (Arbeitsunfälle, Freizeitunfälle, Skiunfälle, Verkehrsunfälle …), internistische Patienten (Tumorpatienten, Patienten mit Infarkten und Schlaganfällen, chronisch-kranke Patienten und Patienten mit akuten Verschlechterungen), Kindernotfälle, und - nicht zu vergessen - die Facharztvisiten, Vorsorge- und Nachsorgeuntersuchungen und natürlich die geplanten, dringenden und Notfall-Operationen.
Jeden einzelnen Patienten bestmöglich versorgen wird eine große Herausforderung.
Alle Patienten bestmöglich zu versorgen ist unser Auftrag, den wir jeden Tag, mit oder ohne Pandemie, ausführen. Wir haben aber natürlich im Hinblick auf Omikron Vorkehrungen getroffen. Dazu gehört die Aufforderung an alle Patienten und an das Personal, im Krankenhaus eine FFP2-Maske zu tragen. Die Besucher-Zugänge ins Krankenhaus werden auf ein Minimum reduziert. Jeder Notfall-Patient wird getestet. Ebenso werden stationäre Patienten und auch das Personal regelmäßig getestet. Zudem gibt es Notfallpläne, die auf Landesebene ausgearbeitet worden sind. Sollten es die epidemiologischen Ereignisse erfordern, müssen in den Krankenhäusern auf Bezirksebene Umstrukturierungen vorgenommen werden.
Interview: rb