Viele Wipptaler hat es ins Ausland verschlagen. Wie sie in ihrer neuen Heimat die Coronakrise erlebt haben, welche Auswirkungen diese auf ihr Berufs- und Privatleben hatte, wollten wir in unserer Erker-Umfrage wissen. Heute haben wir nachgefragt bei Moritz Messner aus Sterzing.
Ich lebe zurzeit in Innsbruck und arbeite an der Universitätsklinik für Innere Medizin III, der Kardiologie & Angiologie. Neben meiner klinischen Arbeit als Arzt verbringe ich gerne Zeit im Labor mit Forschungstätigkeit und unterstütze Studenten bei Erarbeitung der Daten für ihre Diplomarbeit. Im vergangenen Jahr schloss ich mein zweites Studium mit dem Ph.D. Am 30. Jänner 2020 kam unser Clemens zur Welt.
Aus der Coronakrise, denke ich, lassen sich einige neue Erkenntnisse ableiten. Während andere Krankheitsbilder über Jahrzehnte bekannt waren und die Medizin sukzessive Wissen generieren konnte, verbreitet sich diese neue Coronavirus-Erkrankung mit beeindruckender Geschwindigkeit. Vieles musste und muss erst gelernt werden. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass bei retrospektiver Betrachtung das zuvor Gesagte oder die eine oder andere gesetzte Maßnahme korrigiert werden musste.
Mit den beiden ersten bestätigten Coronafällen in Österreich wurde ich persönlich während meines Dienstes in der Notaufnahme konfrontiert und ich bin froh, dass diese Patienten keine weiteren Personen angesteckt haben. Das hat womöglich dazu beigetragen, Zeit zu gewinnen, um sich vorzubereiten. Ich bin auch der Meinung, dass trotz der einen oder anderen Kritik letztlich die Klinik selbst sehr gut organisiert war. Immerhin konnte verhindert werden, dass wir über die Kapazitätsgrenzen hinaus arbeiten mussten. Triagieren blieb uns Gott sei Dank erspart. Ich war in der Folge auf der kardiologischen Intensivstation. Die Bettenkapazitäten wurden ebenso wie die Beatmungsplätze erhöht. Wir hatten die internistischen Patienten übernommen, um an der internistischen Intensivstation alle Plätze für an COVID-19 erkrankte Patienten vorbehalten zu können.
Privat fand ich die Einschränkung der Bewegungsfreiheit anfangs noch wenig belastend, hatte ich doch beruflich einiges zu tun. Dies änderte sich jedoch mit zunehmender Dauer. Insbesondere für meine Freundin, die in dieser Zeit bei meinem Sohn war und zudem für ihre Facharztprüfung lernen musste, war es nach zwei Monaten, in denen sie bis zum Abend isoliert allein zu Hause war, eine Zumutung. Um nach Südtirol zurückzukehren, musste sie zwei Wochen in Quarantäne, um die Unterstützung ihrer Eltern in Anspruch nehmen zu können. Dies war für uns von großer Bedeutung. Nach nahezu drei Monaten können nun auch meine Eltern den Kleinen wiedersehen. Die Einschränkung der Reisefreiheit zwischen Nord- und Südtirol war für uns ein nahezu unüberwindbares und unzumutbares Problem.
Für mich bleibt die Hoffnung, dass uns bald wirksamere Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen und vielleicht auch die Erkenntnis, dass neben den Statistikern auch die Grundlagenforscher an Bedeutung gewinnen.
© Thomas Schütz