Auf seiner Sitzung am Mittwoch (18. Juni) hat der Gemeinderat von Sterzing das programmatische Dokument von Bürgermeister Peter Volgger mehrheitlich genehmigt. Kritik kam dabei erwartungsgemäß von der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen.
„Wir wurden für die Verwaltung der Stadt Sterzing für die kommenden fünf Jahre gewählt. In Anbetracht der bevorstehenden Herausforderungen und Chancen, die uns erwarten, sind wir entschlossen, die Weichen für unsere Stadt nachhaltig zu stellen“, betonte Bürgermeister Peter Volgger bei der Vorstellung des programmatischen Dokuments. Der Gemeindeentwicklungsplan habe zentrale Bedeutung, denn dieser sei nicht nur ein strategisches Dokument, sondern ein Leitfaden, der die Richtung für die kommenden 15 bis 20 Jahre festlegt. „Es liegt an uns, gemeinsam zu arbeiten, um die erreichte Lebensqualität und den Lebensstandard in Sterzing weiterhin zu halten und idealerweise sogar zu erhöhen.“ Die finanziellen Spielräume würden auch in den nächsten Jahren eng bleiben. „Doch die Erfolge der vergangenen viereinhalb Jahre geben uns Zuversicht“, so Volgger. „Wenn wir in der Lage waren, in schwierigen Zeiten gute Ergebnisse zu erzielen, sind wir überzeugt, dass uns das auch in Zukunft gelingen wird. Es sind nicht nur die Zahlen, die zählen, sondern auch die Leidenschaft und der Zusammenhalt unseres Teams. Lassen Sie uns gemeinsam die Chancen nutzen, die sich durch diese Zusammenarbeit bieten, und Sterzing als lebenswerten, kulturell reichen und wirtschaftlich starken Standort präsentieren!“ Damit war die Diskussion eröffnet.
„Mangel an Ideen und Innovation“
In seiner Stellungnahme kritisierte Werner Graus das programmatische Dokument der Stadt Sterzing scharf und bemängelt einen Mangel an Ideen und innovativem Ehrgeiz. Er bezeichnet es als eine „erweiterte Kopie“ des Dokuments von 2020, das viele unerledigte Versprechen enthalte. Graus bemängelte, dass das Programm hauptsächlich „Glaubensgrundsätze“ und „Wertvorstellungen“ enthalte, die selbstverständlich sein sollten und deren Bekräftigung unnötig sei. Dies impliziere, dass das Wohl der Bürger in der Vergangenheit nicht selbstverständlich gewesen sei.
Besondere Defizite sieht Graus in konkreten Punkten, die das Vorankommen der Stadt gefährden. Er kritisierte den Widerspruch, knappen Baugrund schonen zu wollen, aber gleichzeitig den Bau von Einfamilienhäusern zu fördern. Auch die geplante Beschneidung der Parkmöglichkeiten im Stadtzentrum werde die Wirtschaft schwächen und sei realitätsfern, da die Anbindung aus den umliegenden Gemeinden erschwert werde. Innovation fehle zudem in den Bereichen Tourismus, Wirtschaft und Digitalisierung.
Die Verwaltung selbst sieht Graus kritisch, da er die Förderung der Leistungsbereitschaft und den Umgang mit Feedback bezweifelt, was sich am Abgang zweier Führungskräfte zeige. Im Finanzbereich sei die Forderung nach klaren Prioritäten eine Wiederholung aus dem Dokument von 2020, da in den letzten fünf Jahren „sehr wenig bis nichts“ passiert sei. Graus forderte zudem eine Senkung der Trinkwasser-, Abwasser- und Müllgebühren, die er als zu hoch empfindet. Hierzu sei die Sanierung des maroden Abwassersystems und die Umstellung auf ein Trennsystem notwendig, wofür bereits seit 2012 ein Projekt existiere.
Im Bereich Umwelt und Verkehr kritisiert Graus, dass die reine Verlagerung von Parkplätzen außerhalb der Stadt die Wirtschaft nicht stärke und die Innenstadt nicht belebe. Es fehle an konkreten Plänen für die Realisierung dieser Parkplätze und eines Campingplatzes. Zudem würden Themen wie Verkehr/Mobilität in den Fraktionen, Elektromobilität und Beleuchtungssysteme nicht ausreichend behandelt, obwohl insbesondere bei der Sicherheit von Fuß- und Radwegen großer Handlungsbedarf bestehe.
Öffentliche Bauvorhaben wie die neue Feuerwehrhalle, die Sanierung der Skaterbahn und die Planung der Eishalle seien bereits im letzten Dokument genannt und nicht umgesetzt worden, was Graus als „Armutszeugnis“ bewertet. Auch die Gründung eines Jugendbeirats werde seit 2020 versprochen und sei noch immer nicht erfolgt. Ähnliches gelte für den strategischen Entwicklungsplan der Sportzone.
„Notwendiges Übel“
Auch Evi Frick (SVP) kritisierte das programmatische Dokument der Stadt Sterzing als wenig innovativ und oberflächlich. Sie bemängelte, dass die Personalführung in der Stadtverwaltung zu eng gefasst sei und moderne Instrumente der Personalführung vermissen lasse, um als attraktiver Arbeitgeber zu wirken. Im Bereich Finanzen fehle der Blick für Controlling und Kostenrechnung.
Auch die Wirtschaftspolitik gehe nicht auf aktuelle Herausforderungen wie den demografischen Wandel ein.Die Treffen mit Wirtschaftsvertretern alle drei bis sechs Monate reichten nicht aus, um „über den Tellerrand zu schauen“. Bei öffentlichen Bauvorhaben fehle die Erwähnung wichtiger Projekte und des „Facility Managements“.
Die Abschnitte zu Familie und Schule seien oberflächlich und ohne die notwendige Tiefe verfasst. Bei der Jugend fehle die Weiterführung des Jugendbeirats in Themen wie Digitalisierung und Gesundheitsprävention.Die Frauenpolitik reduziere sich auf ein Projekt und die Anzahl weiblicher Mitarbeiter, anstatt einen umfassenden Gleichstellungsplan zu verfolgen. Die Migrationspolitik sei zu kurz gedacht und beschränke sich auf ein einziges Projekt, anstatt Kinder und umfassendere Integration zu berücksichtigen. Auch im Bereich Bildung und Schule fehle es an strategischen Arbeiten für die deutschen Schulen und Kindergärten.
Insgesamt kritisiert Frick die mangelnde Konkretheit und Tiefe des Programms. Sie hinterfragt die Urheberschaft des Dokuments und mutmaßt, dass es eher ein „notwendiges Übel“ als ein strategisches Führungsinstrument sei.
„Werde mich enthalten“
Kritik kam aber auch aus den eigenen Reihen. „Das Dokument enthält zwar viele positive Maßnahmen, die ich durchaus unterstütze“, betonte Verena Debiasi von „Gemeinsam für Sterzing-Wipptal“. „Da ich den Zusammenschluss der beiden Skigebiete Roßkopf und Ladurns jedoch nicht mittragen kann, werde ich mich bei der Abstimmung enthalten.“
Das programmatische Dokument wurde schließlich mit zwei Gegenstimmen von Evi Frick und Werner Graus (SVP) sowie drei Enthaltungen von Verena Debiasi (Gemeinsam für Sterzing-Wipptal), Paul Eisendle (SVP) und Massimo Bessone (SìAmo Vipiteno) mehrheitlich genehmigt.
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